Sinn und Unsinn des Antibiotikaeinsatzes bei einer Mastitis

  • Zusammenfassung des Vortrags von Dr. Spohr

Am 06.03.2018 informierte uns Dr. Spohr vom Eutergesundheitsdienst über die Behandlungswürdigkeit einer Kuh bei einer Mastitis. Wird zur Behandlung der Eutererkrankung Antibiotika eingesetzt zerstört dieses die Bakterienmembran. Dabei kann es durch einen normalen Selektionsprozess der Bakterien zu einer Resistenzbildung kommen. Aber wofür werden Antibiotika im Rinderbereich überhaupt verwendet? Die Hälfte der Antibiotika wird für das Trockenstellen verwendet und ¾ des Antibiotikaverbrauchs wird Eutertherapien zugeschrieben. Orale und Uterus-Gaben sind vernachlässigbar. Die Erwartung an ein Medikament ist höher als die Wirksamkeit, da all diese Medikamente nicht zu 100 % wirksam sind. In der Praxis ist die Lokaltherapie mit Tuben/Spritzen über den Strichkanal der Standard. Eine Entzündung führt immer dazu, dass das Euterviertel zu einem gewissen Teil verödet --> Milchbildung lässt nach. Die Erfolgsraten in der Mastitistherapie liegen bei 40 – 60 %, wenn die Behandlung während der Laktation erfolgt --> as sind nur rund die Hälfte! Die Heilung ist stark davon abhängig, wie der „Stand“ der Kuh ist. Das heißt der Heilungserfolg ist abhängig von der Vorgeschichte.

 

Einfluss von tierindividuellen Faktoren auf den Therapieerfolg in der Laktation

  • Alter der Kuh: Je älter die Kuh, desto schlechter heilt das Euter aus
  • Laktationsabschnitt
  • Hinterviertel
  • Zellgehalt: je höher und je länger der Zellgehalt erhöht ist, desto schwieriger ist die Behandlung
  • Schweregrad der Entzündung: Zugänglichkeit ist bei stark betroffenen Eutervierteln erschwert
  • Anzahl infizierter
  • Euterviertel ·
  • Erreger / Penicillinresistenz
  • Anzahl bereits erfolgter antibiotischer Behandlungen --> Vorgeschichte

Fazit: In Zukunft muss die Heilungswahrscheinlichkeit stärker berücksichtigt werden und ohne entsprechende Dokumentation kann die Therapiewürdigkeit nicht abgeschätzt werden

 

Zu beachten ist auch, dass Kühe auch selbst eine Möglichkeit haben eine Heilung hinzubekommen. Gerade bei dem Mastitiserreger Staph. aureus macht eine Behandlung während der Laktation wenig Sinn. Ausschlaggebend ist bei einer Behandlung die Therapiedauer. Diese sollte bei 1 – 7 besser bei 1 – 8 Melkzeiten liegen. Denn bei einer verlängerten Therapiedauer kommt es zu einer deutlichen Verbesserung der Heilungsraten und einer geringeren Rückfallquote. So können langfristige Effekte ausgenutzt werden.

 

Fazit: Nicht zu kurz, sondern ausreichend lange behandeln --> Therapiedauer ist der Knackpunkt an dem wir noch ansetzen können.

 

Brauchen wir Reserveantibiotika?

Die Resistenzsituation im Euterbereich ist relativ günstig.

Bakterien sind für die meisten Mittel „empfänglich“. Die Genesung des Euters

kommt erst nach der Behandlung. Die Regeneration des Euters muss die Kuh selbst in den Griff bekommen. Das Antibiotikum tötet NUR die Bakterien. Deshalb sind neue Therapieansätze gefordert, um die Kuh entsprechend zu unterstützen. Eine der wenigen Optionen der Kuh Unterstützung zu geben ist der Einsatz von NSAID (Entzündungshemmer).

 

Einflüsse auf den Therapieerfolg in der Laktation:

 

Letzte MLP-Zellzahl (*1000/ml)

Heilungswahrscheinlichkeit %

< 250

54

250 – 750

26

> 750

16

3*>750

0

3*<250

58

 „Heilung“ = MLP-ZZ am 2. – 4. Monat nach Behandlung <250; Quelle: Spohr u. Lürig, 2017

 

Fazit: Mit steigender Zellzahl und steigender Dauer der Erkrankung nimmt die Heilungswahrscheinlichkeit ab.

 

Krisenmanagement: 

Wie rette ich eine Kuh, die nicht mehr gesund wird (chronisch krank) über die Zeit der Entzündung?

  • Entzündungshemmende Mittel bei „Dauer-Auffälligen“ einsetzen
  • evtl. Strich „still“ legen --> Viertel veröden
  • Problem bei staph. Aureus Kühen: nach guter Trockenstelltherapie sind die Kühe oftmals 3 - 4 Monate unauffällig à tritt eine Mastitis dann auf, ist die Kuh meist schon wieder trächtig
  • Prophylaxe: Kühe gesund halten

 

Grundsätze für eine Therapie in der Laktation

  • Therapiewürdigkeit abschätzen
    • Datenaufzeichnungen
    • Erfolgskontrolle
  • Therapieintensität anpassen
    • Dauer
    • (Menge)
  • Alternativen prüfen
    • symptomatische Therapie
    • Dreistrich machen
    • Schlachten
Fazit: Es ist sehr schwierig die Therapiewürdigkeit der Kuh abzuschätzen.

 

Vor jeder Behandlung:

  • man muss die Kuh anschauen: gibt sie nur Flocken oder ist das Euter auch hart? Evtl. erst mal mit Entzündungshemmer versuchen, wenn schlechter, dann Antibiotika
  • Einstufung
    • Grad 1: nur Flocken
    • Grad 2: Flocken + heißes Viertel
    • Grad 3: Flocken + klinische Symptome z. B. Fieber

Fazit: Jeder Betrieb muss seinen Weg finden und in Bezug auf die Antibiotikadiskussion ist zu sagen, dass jetzt schon bei Biobetrieben der Antibiotikaeinsatz nur in Ausnahmefällen erlaubt ist.

 

Langzeitantibiotikum in der Trockenstehphase

Der Heilungserfolg während der Trockenstehphase liegt bei 60 – 70 % und ist damit höher als während der Laktation. Die Therapie in der Trockenstehphase bringt den großen Vorteil, dass das Antibiotikum nicht ausgemolken wird. Auch dient der Einsatz von Trockenstellern als Schutz, da zu Beginn der Trockenstehphase die Zitze nicht komplett geschlossen ist. So können Erreger nicht so leicht in das Euter aufsteigen. In der Trockenstehphase ist die Häufigkeit von Neuerkrankungen höher, da das Ausspülen durch die Laktation fehlt. Während der Aufeuterungsphase öffnet sich der Strichkanal. Hier bietet der Zitzenversiegler Schutz, da das Eindringen von Bakterien reduziert wird.

 

Wie kann ich unterscheiden, ob eine Kuh zum Trockenstellen Antibiotika braucht oder nicht?

  • je stärker die Milchmenge vor dem Trockenstellen zurückgeht, desto stärker konzentrieren sich die Zellzahlen auf Schalmtest + Zellzahl --> Korrelation sehr schwierig; Qualität des Schalmtest ist sehr unterschiedlich --> Viertelunterschied entscheidend ==> Viertel die stärker reagieren sind suspekt
  • Zellzahl meist nicht als einziger „Marker“ heranzuziehen
  • Vorbericht gibt Informationen darüber wie trockengestellt wird
  • Bei einem Versuch wurde festgestellt, dass die Erkrankungsrate einer gesunden Kuh nach der Trockenstehphase beim Einsatz eines Zitzenversieglers (6,4 % Erkrankungen) niedriger war als beim Einsatz von Antibiotika (10 %).

 

Fazit: Für die Vorbeugung von Neuinfektionen sind Zitzenversiegler gleichwertig oder sogar besser als Antibiotika, da diese als Barriere für ALLE Bakterien wirkt und nicht spezifisch wie Antibiotika.

 

Empfehlungen:

  • Auf Nummer sicher gehen: alle Kühe Antibiotika + Zitzenversiegler
  • Antibiotika soll eingespart werden

Wichtig: sichere Unterscheidung! Das bedeutet Mehraufwand für die Dokumentation + bei jeder Kuh entsprechende Diagnostik erforderlich

 

Färsenmastitis:

  • Risikofaktoren sind nicht alle bekannt
    • Aufziehen auf Spalten; Weide ist hier von Vorteil
    • Stress z. B. sehr enge Trockensteherhaltung
  • Staph. Aureus + gelber Galt können bei vertränkter Milch evtl. zu Färsenmastis führen (es gibt noch keine eindeutigen Belege dafür bzw. es wurde keine eindeutige Verbindung nachgewiesen) à hier ist Vorsicht geboten
  • Möglichkeit in der Aufeuterungsphase mit Antibiotika zu reagieren, aber NUR hier!
  • wenn ein Viertel auffällig, dann die anderen Viertel auch mit Schalmtest beproben. Wenn Anzeichen da sind à mitbehandeln
  • je stärker die Symptomatik, desto stärker die Therapie
  • symptomatische Therapie z. B. Entzündungshemmer, Enzyme (Injektoren), Homöopathie à hierzu laufen im Moment Versuche
  •  die sinnvollste und einfachste Behandlung erfolgt direkt in den Strichkanal